Das Urteil des Landgerichts Hamburg befasst sich mit einem Strafverfahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge im Zusammenhang mit einer Zahnbehandlung unter Narkose. Der Angeklagte, ein Anästhesist, wurde wegen mangelnder Sorgfaltspflichten bei der Narkoseführung verurteilt, während die mitangeklagte Zahnärztin freigesprochen wurde. Ihm wurde vorgeworfen, standardwidrig ohne qualifiziertes Assistenzpersonal, maschinelles Beatmungsgerät, EKG-Gerät und Kapnometer eine Vollnarkose durchgeführt zu haben. Weiter habe er den Patienten nicht ausreichend über die Standardabweichungen bei der Narkoseüberwachung und die damit verbundenen Risiken aufgeklärt.
Lebensgefährliche Behandlung
Im Urteil des LG Hamburg wurde eine lebensgefährdende Behandlung im Fall des Anästhesisten angenommen, weil die mit der Vollnarkose verbundenen körperlichen Eingriffe den Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung in Gestalt einer das Leben gefährdenden Behandlung gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB erfüllten. Die Kammer argumentierte, dass die Verletzungshandlung nach den Umständen des Einzelfalls generell dazu geeignet sein musste, das Leben des Opfers zu gefährden. Aufgrund des tragischen Ausgangs des Eingriffs ging das Gericht davon aus, dass die Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung begangen worden war.
Rechtliche Einordnung durch einen Strafverteidiger in Hamburg: Lebensgefährliche Behandlung, selbst wenn Behandlung nach den Regeln der Kunst erfolgt und für den Patienten erfolgreich war
Es spiele dabei keine Rolle, ob die Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wurde und zu dem vom Patienten gewünschten Erfolg geführt hätte. Entscheidend war, dass der Eingriff unter den gegebenen Umständen potenziell lebensbedrohlich war (str.).
Behandlung auch mit Körperverletzungsvorsatz
Es wurde festgestellt, dass der Angeklagte den Eingriff mit Wissen und Wollen vornahm und auch die unmittelbaren Eingriffsfolgen – Verletzung der Körpersubstanz – kannte und wollte. Der Angeklagte hatte Kenntnis von den zum Tatzeitpunkt geltenden Mindestanforderungen an einen anästhesiologischen Arbeitsplatz . Trotz dieses Wissens führte er die Narkose ohne qualifiziertes Assistenzpersonal, maschinelles Beatmungsgerät, EKG-Gerät und Kapnometer durch. Der Angeklagte irrte sich auch nicht darüber, dass seine personelle und apparative Ausstattung am Behandlungstag den Mindestanforderungen entsprach. Zwar glaubte der Angeklagte, dass sich hierdurch aufgrund seiner von ihm als überlegen eingeschätzten persönlichen Fähigkeiten kein erhöhtes Risiko ergeben würde, dies hatte aber keine rechtfertigende Wirkung.
(LG Hamburg, Urteil vom 12.07.2024 – 602 Ks 2/23 7200 Js 147/16)
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