Ausländische Beweise aus EncroChat sollen verwertbar sein

Das OLG Brandenburg hat in seinem Beschluss vom 16.12.2021 (Aktenzeichen 2 Ws 197/21 (S)) über die Fortdauer einer Untersuchungshaft entschieden. Der Angeschuldigte in diesem Verfahren steht unter Verdacht, eine erhebliche Menge verschiedener Betäubungsmittel erworben zu haben. Die Kommunikation mit dem Verkäufer erfolgte hierbei über den Anbieter EncroChat. Das ehemalige Telekommunikations-Unternehmen bot verschlüsselte Messenger und Endgeräte an. Diese sogenannten Krypto-Handys wurden insbesondere durch die organisierte Kriminalität genutzt. Durch französische Behörden konnte das EncroChat Netzwerk infiltriert werden, was zu zahlreichen Strafverfahren führte. Durch das OLG Brandenburg wurde nun bestätigt, dass die dort gewonnenen Daten auch im deutschen Strafverfahren genutzt werden dürfen. Durch die Vorgehensweise sei kein Beweisverwertungsverbot entstanden.

Strafverteidigung ging gegen Untersuchungshaft vor

Die Strafverteidigung ging im vorliegenden Fall gegen die Fortdauer der Haft ihres Mandanten vor. Da der Rechtsanwalt die Untersuchungshaft aufgrund der in Frankreich erhobenen Beweise als unrechtmäßig einstufte, wurde Beschwerde eingelegt. Die Strafverteidigung ging von einem Verbot bezüglich der in Frankreich erhobenen Beweise aus. Durch die französischen Behörden seien diese durch eine verdachtsfreie Überwachung der Telekommunikation entstanden. Diese Vorgehensweise ist in Deutschland nicht erlaubt. Eine entsprechende Überwachung von Telekommunikation und Datenaustausch ist hierzulande nur rechtmäßig, wenn der Verdacht einer schweren Straftat vorliegt.

Rechtsanwalt konnte Untersuchungshaft nicht verhindern

Das OLG Brandenburg folgte in seinem Beschluss der Argumentation der Strafverteidigung nicht. Der Rechtsanwalt konnte die Untersuchungshaft in dem Fall nicht  verhindern. Ein Verbot zur Verwertung der vorliegenden Beweise bestehe laut OLG Brandenburg im vorliegenden Fall nicht. Demnach sei die Beweiserhebung in Frankreich zwar nach aktuellem Kenntnisstand ohne vorherigen Tatverdacht geschehen. Diese Vorgehensweise sei in Deutschland auch nicht gestattet, allerdings hätten die Ermittlungen nicht auf einem deutschen Ersuchen beruht. Die französischen Behörden hätten eigenständig und auf Grund der dort geltenden Gesetze gehandelt. Die Übermittlung der gewonnenen Daten an die deutschen Behörden sei erst im Anschluss erfolgt. Dabei habe es keinerlei vorherige Absprache gegeben.

Weiter führt das OLG Brandenburg an, dass durch die Nutzung verschlüsselter Krypto-Handys zumindest ein gewisser Anfangsverdacht bestehe. Dass es sich bei dem aufgeführten Delikt um eine schwere Katalogstraftat handele, stehe zudem außer Frage. Eine Nutzung der in Frankreich erhobenen Beweise sei demnach rechtmäßig.

Gericht beruft sich auf vergleichbare Beschlüsse zu EncroChat Verfahren

In seinem Beschluss beruft sich das OLG Brandenburg zudem auf vergleichbare Entscheidungen anderer Gerichte. So hätten unter anderem das OLG Hamburg und das OLG Rostock in EncroChat Verfahren vergleichbare Beschlüsse gefasst. Auch hier hatte der Rechtsanwalt zur Untersuchungshaft Beschwerde eingelegt.

Teile der Rechtswissenschaft gehen von Unverwertbarkeit der Beweise aus

Nach einer im Vordringen befindlichen Ansicht aus der Rechtswissenschaft handelt es sich bei der Maßnahme der französischen Behörden der Sache nach um “geheimdienstliche Informationsabschöpfung” (Derin/Singelstein, NStZ 2021, 449ff.), welche in einer an verfassungsrechtlichen Grundsätzen orientierten Strafprozessordnung keine Stütze findet.

Ob die Ansicht der Oberlandesgerichte am Ende des Tages einer verfassungsrechtlichen Prüfung wird standhalten können, erscheint vor diesem Hintergrund zunehmend fraglich.